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Datum: 2006
Titel: Herrschaftslegitimation in Indien am Beispiel Ramachandras von Khurda, im Vergleich zur Herrschaftslegitimation im Europa des Mittelalters am Beispiel Karls des Großen und Ottos I.: eine Analyse nach Max Webers Theorie zur "Entstehung und Umbildung von charismatischen Autoritäten"
Autor*in: Endlich, Marc
Beschreibung: Diese Arbeit befasst sich mit der Legitimation von Herrschaft nach Max Weber. Ziel ist es zu prüfen ob Max Webers Theorie zur "Entstehung und Umbildung von charismatischen Autoritäten", welche in einem europäischen Kontext entstanden ist, auch auf den indischen Kontext angewendet werden kann. Am Beispiel der Legitimität Ramacandras von Khurda als Gajapati von Orissa und ihr Zusammenhang mit dem Jagannatha-Tempel von Puri, wird dies für Indien geprüft. Um einen Vergleich zwischen dem europäischen und dem indischen Kontext zu ermöglichen, wird Webers Theorie auch auf die Legitimation der Herrschaft von Karl dem Großen und Otto I. angewendet. Anschließend werden die Ergebnisse verglichen. Zu Beginn der Arbeit werden einige relevanten Definitionen Webers, welche als Arbeitsgrundlage dienen vorgestellt. Zuerst werden "Herrschaft" und "Macht" im weberschen Sinn erläutert. Darauf werden Webers Gedanken zu Charismatischer Herrschaft näher erörtert. Dann wird auf die Veralltäglichung von Charismatischer Herrschaft eingegangen und ihre Ausprägungen als "Erbcharisma" und "Amtscharisma". Die historischen Hintergründe, welche zur Zerstörung des Jagannatha-Tempels von Puri und zur Wiederherstellung durch Ramacandra von Khurda geführt haben sowie seine Legitimation als Gajapati von Orissa, werden dargestellt. Es wird beschrieben, wie Ramacandra es schaffte, in Khurda zwischen den Einflussgebieten der Afghanen im Norden und dem Sultanat von Golkonda im Süden eine Machtbasis zu bilden und die lokalen Eliten für sich zu gewinnen. Einer der wichtigsten legitimierenden Faktoren Ramacandras Herrschaft war die Biśar Mahanti-Legende. Diese Legende handelt von der Zerstörung der Jagannatha-Skulpturen durch die Afghanen, nachdem diese im Jahre 1568 den Tempel in Puri erobert, geplündert und zerstört hatten und von der wundersamen Rettung des brahma, der Heiligen Essenz der Jagannatha-Skulptur. Nach der Eroberung Orissas 1590 durch die Moghul wurde das Gebiet von Puri zu einem Reichsgut und Ramacandra zu einem reichsunmittelbaren Fürsten. Vorher – und zwar 1586/87 – gelang es Ramacandra die neu geschaffene Jagannatha-Skulptur, versehen mit dem original brahma, in Khurda neu weihen zu lassen. Um 1590 lässt Ramacandra die Skulptur nach Puri überführen, im Zuge dessen wird er von den Priestern und den lokalen Fürsten zum Gajapati von Orissa ausgerufen und als Zweiter Indradyumna gefeiert. Der Kult des Jagannatha entwickelte sich vor seiner Zerstörung immer mehr zu einem Staatskult der Gajapatis, was ihn stark von einem hinduistischen Raja abhängig macht, dessen Rolle als die eines Stellvertreters oder ersten Dieners gesehen wurde. Ein weiteres wichtiges Mittel zur Legitimation Ramacandras Herrschaft war das Madala Panji, die Tempelchronik von Puri. Durch nachweisliche Fehler in Datierung und Inhalt ist sie wohl als Mittel zur nachträglichen Lösung eines Kontinuitätsproblems zu sehen. Nach dem Ende des Gajapati-Reiches und der Zerstörung des Jagannatha-Tempels, konnte nur ein "charismatischer Führer", ganz im Sinne Webers, das Land aus der Krise führen. Durch die Anerkennung der Priester wurde Ramacandras "Eigencharisma" bestätigt und durch die Biśar Mahanti-Legende und dem Madala Panji verstärkt. Seine Nachfolger besaßen und besitzen noch heute das "Erbcharisma" und das "Amtscharisma" nach Weber. Im Unterschied zu Europa ist ein erbcharismatischer Anspruch in Indien zur Herrschaft nicht zwingend notwendig, die Nachfolge konnte auch gegen solche Ansprüche erfolgen und war flexibler. Gemeinsam ist die Übernahme einer Imperialen Reichsidee: Ramacandra berief sich auf die Gajapatis und Karl der Große sowie Otto I. auf die römischen Kaiser. In beiden Fällen ist die Bestätigung der Ansprüche durch die Priesterschaft nötig. Jedoch findet die Nachfolge zum Kaiser in Europa durch Wahl statt, was erbcharismatische Nachfolge nur bedingt möglich macht. Nach einer Analyse der legitimierenden Faktoren von Ramacandras Herrschaft nach den Definitionen Webers und ihrem Vergleich mit Europa, wird festgestellt, dass die "Theorie zur Entstehung und Umbildung von charismatischen Autoritäten" auch auf den indischen Kontext angewendet werden kann.
URI: https://www.amad.org/jspui/handle/123456789/68061
Quelle: http://crossasia-repository.ub.uni-heidelberg.de/105/
AMAD ID: 546296
Enthalten in den Sammlungen:BASE (Bielefeld Academic Search Engine)
General history of Europe


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